Was heißt eigentlich Achtsamkeit? 

Über Achtsamkeit wird viel gesprochen, doch was genau bedeutet das eigentlich und wie können wir uns in Achtsamkeit üben? 

Das Reden über Achtsamkeit oder der Besuch einer Yogastunde allein macht uns leider noch nicht automatisch zu einem achtsamen Menschen. Achtsamkeit ist Übungssache, ein Training des Gehirns in unserer häufig schnelllebigen Welt auf genau den Moment, der jetzt gerade ist. 

Der buddhistische Mönch und Schriftsteller Thich Nhat Hanh beschreibt es so: “Unser wahres Zuhause ist der gegenwärtige Augenblick. Wenn wir wirklich im gegenwärtigen Augenblick leben, verschwinden unsere Sorgen und Nöte und wir entdecken das Leben mit all seinen Wundern.”

Hier können wir uns an Kindern ein Beispiel nehmen, die meist mit einer völlig offenen Grundhaltung im Moment leben und ihre volle Aufmerksamkeit auf ihre aktuelle Aktivität richten. Sie machen sich keine Sorgen um das, was als nächstes passiert, oder das was vorher war. Sie sind einfach präsent und lassen sich von den Ereignissen des Moments verzaubern. 

Zu spüren und zu fühlen und nicht zu denken – das ist Achtsamkeit. Auf der anderen Seite bedeutet Achtsamkeit auch die aufkommenden Gedanken wertungsfrei und offen zu beobachten. Jedoch mit einem gesunden gedanklichen Abstand, wie ein Betrachter von einem Turm. Festzustellen was der Kopf denkt und welche Gedanken Sie beschäftigen, kann ihnen Klarheit darüber bringen, was ihnen gerade wichtig ist und ihnen dabei helfen, sich besser selbst zu verstehen. Das führt dazu, dass Sie Glück und Lebensfreude nicht mehr abhängig von äußeren Umständen und Bedingungen machen, sondern genau das in sich selbst kreieren. Sie genießen den Moment, sich selbst, ihre Aktivität, das Gespräch, ihren Atem. 

Es gibt viele Techniken, wie Sie den “Achtsamkeitsmuskel” trainieren können. 

Ein gängiges Instrument ist die Meditation oder der Körperscan. Egal ob 2 oder 20 Minuten, egal ob in völliger Stille oder in der Bahn. Meditation und Achtsamkeit bedeutet nicht unbedingt stundenlang still im Schneidersitz auf einem Kissen zu sitzen. Vielmehr geht es darum, sich im ersten Schritt auf die eigene Atmung zu fokussieren und wirklich im Moment präsent zu werden. 

Probieren Sie es doch gleich mal aus: 

Atmen Sie ein und begleiten Sie die Einatmung mit dem Satz “jetzt atme ich ein”. Spüren Sie, was Sie dabei wahrnehmen: die kühle Luft an ihren Nasenflügeln, die Luft wie sie durch den Brustkorb strömt und ihn weitet, die Lungen füllt und den Körper belebt. Und vielleicht gibt es eine kleine Pause, bevor die Ausatmung ganz automatisch ohne Kraftaufwand und Mühe einsetzt. Begleiten Sie diesen Prozess über die volle Länge mit den Worten “jetzt atme ich aus”. Spüren Sie, wie ihr Körper Verbrauchtes abgibt, loslässt und der Brustkorb wieder etwas einsinkt. Vielleicht spüren Sie auch die etwas wärmere Luft an ihrer Nasenspitze die nun wieder ausströmt. 

Versuchen Sie diese Konzentration zunächst für einen einzigen Atemzug zu halten. Wenn es Ihnen gelingt, nehmen Sie einen zweiten und steigern Sie sich somit von Mal zu Mal. Betrachten Sie jeden Atemzug voller Neugier, als wäre es der erste ihres Lebens, voller Offenheit für alles was sich durch diesen Atemzug zeigt. Schon sind Sie achtsam :-). 

Achtsamkeit lässt sich in jedem Moment praktizieren. Bei der Arbeit, der Sie sich widmen, im Gespräch mit Freunden, Kollegen, Familie. In dem Augenblick, in dem Sie ihrer Aktivität die volle Aufmerksamkeit widmen und alles andere ausblenden, sind sie achtsam, präsent, glücklich und zufrieden.

Text: Judith Huesmann